In einem exklusiven Interview spricht Handelskontor-News mit Sverre Bergland, seines Zeichens Portfoliomanager (DNB Fund Technology). Wir wollten dabei unter anderem wissen, wie er die aktuelle Marktsituation einschätzt, ob die Situation vergleichbar ist mit dem Platzen der Dotcom-Blase um die 2000er, wie er zu Cloud, Gaming und Metaverse steht, und weshalb er Microsoft empfiehlt, Apple jedoch nicht.
Sverre Bergland
Hallo Herr Bergland. Wir erleben zurzeit teils heftige Korrekturen der Aktien der Tech-Branche. Innerhalb weniger Monate verloren große Unternehmen wie Apple oder Meta 30-50 Prozent auf dem Parkett. Ist das schon vergleichbar mit der Dotcom-Blase der 2000er Jahre?
Aus unserer Sicht gibt es nur wenige Parallelen zwischen dem aktuellen Marktumfeld und dem Umfeld der Dotcom-Blase. Warum? Die Indexleistung beispielsweise wird durch ein stetiges profitables Einkommenswachstum für den Sektor unterstützt. Die Unternehmen sind heute immens gut kapitalisiert. Die Big 5 im S&P500-Index, Amazon, Alphabet (Google), Apple, Facebook und Microsoft, machen einen Großteil des Indexes aus, generieren aber auch solide und beträchtliche Cashflows.
Wo liegen die Unterschiede oder Gemeinsamkeiten von damals zu heute?
Auf dem Höhepunkt der damaligen Euphorie um die Jahrtausendwende wurde der Nasdaq-Composite-Index mit mehr als dem 200- fachen der erwarteten Gewinne gehandelt. Unter den bekanntesten Unternehmen waren Namen wie Pets.com und Webvan.com, aber auch große Kommunikationsunternehmen wie Worldcom (ein Unternehmen, das auch für Bilanzbetrug bekannt ist), NorthPoint Communications und Global Crossing. Gemeinsam ist diesen beiden Gruppen, dass sie unter enormen Betriebsverlusten litten, aber einen übertriebenen Glauben an Wachstum in absehbarer Zukunft verbunden mit aggressiven Investitionen zur Ankurbelung ihrer Wachstumsambitionen hatten.
Tech-Unternehmen haben nach dem Ausbruch von Covid-19 stark zur Aufrechterhaltung der Weltwirtschaft beigetragen, und die Wachstumsaussichten vieler Unternehmen haben sich in der Folge gestärkt. Obwohl die Marktleistung stark war und die Unternehmensbewertungen gestiegen sind, sehen wir also keine sichtbaren Anzeichen, die auf das Entstehen einer neuen Blase innerhalb des Tech-Sektors hindeuten.
In einem jüngst erschienenen Marktausblick empfehlen Sie Microsoft, Apple jedoch nicht. Warum ist das so und haben sich die einst so erbitterten Konkurrenten mittlerweile derart deutlich auseinanderentwickelt?
Bei Microsoft sind wir optimistisch, was die weitere Entwicklung angeht, da das Unternehmen in fast allen wichtigen IT-Trends sehr gut positioniert ist. Wir gehen von einem Wachstum von 16 bis 20 Prozent aus. Das Unternehmen verfügt über sehr gute Modelle, die wiederkehrende Einnahmen sicherstellen. Im Gegensatz dazu sind wir bei Apple wiederum sehr skeptisch. Der Grund ist, dass der Elektronikmarkt bzw. der Verbrauchermarkt in der nächsten Zeit recht schwierig sein könnte, weil in der Pandemie-Zeit zu viel in diesen Markt investiert wurde. Wenn wir uns also Apple genauer ansehen, hat es fast denselben Preis wie Microsoft. Allerdings wächst das Unternehmen nur um ca. 5 Prozent pro Jahr beim Umsatz, während Microsoft drei bis vier Mal so schnell wächst. Trotzdem werden sie mit demselben Multiplikator gehandelt. Außerdem sehen wir Risiken bei Apple, wenn es um die Regulierung der Plattformgebühren und auch die Sättigung des Smartphone-Marktes geht. Dies sind Gründe, warum wir aktuell eine große Beteiligung bei Microsoft, aber keine bei Apple besitzen.
Blicken wir mal auf zwei besonders hart getroffene Aktien: Delivery Hero und Peloton. Die Corona-Pandemie hatte die Unternehmen in viele Portfolios gespült, doch mittlerweile sind sie wieder auf dem demselben Preisniveau wie vor Corona. Sollte man hier jetzt zuschlagen?
Peloton hat im ersten Quartal mit guten Zahlen überrascht. Außerdem haben sie einen größeren Umstrukturierungsplan vorgelegt. Zusätzlich hat Corona den Vertrieb stark angekurbelt, es bleibt aber abzuwarten, ob sich die Nutzerzahlen weiter ausbauen lassen. Insgesamt zeichnen sich die Technologie-, Medien- und Telekommunikationssektoren durch starke, stabile Erträge aus. Die Zinssätze sind niedrig und es gibt mehrere strukturelle Wachstumstreiber in diesen Sektoren. Unserer Meinung nach wurde in den letzten Jahren zu wenig in die IT- und Telekommunikationsinfrastruktur investiert, und wir sind davon überzeugt, dass dies die Grundlage für ein gutes Wachstum in der Zukunft darstellt.
Besondere Chancen sprechen Sie nach wie vor der Cloud Branche zu. Insbesondere für viele Kleinanleger dürfte die Wolke allerdings immer noch einem Nebel gleichen, der nicht so richtig erkennen lässt, was er überhaupt beinhaltet. Können Sie vielleicht einmal zusammenfassen, was man sich unter dieser Cloud vorstellen kann und warum Sie davon ausgehen, dass wir uns noch in einem frühen Zyklus befinden?
Das ist richtig. Wir sehen Potenzial bzw. starkes Wachstum beim Cloud Computing. Der Markt ist bereits sehr groß, trotzdem könnten wir uns noch in einem frühen Zyklus befinden. Cloud Services generieren hohe Kosteneinsparungen, auf der Festplatte lagern immer weniger Daten. Das Cloud-Geschäft boomt – und bietet IT-Dienstleistern, IT-Ausrüstern und Software-Anbietern zahlreiche Chancen. Allein Microsoft ist in diesem Bereich im letzten Quartal um fast 50 Prozent gewachsen und erwartet für das nächste Quartal ähnliche Zahlen. Auch Amazon und Google sind hier gut aufgestellt, so dass dieser Markt über einen längeren Zeitraum in hohem Tempo wachsen sollte. Zumal Amazon bisher immer mit einer guten Rentabilität punkten konnte.
Auch Gaming zählt zu Ihren Favoriten. Was macht Sie so zuverlässig, dass der Markt weiter wachsen wird? Sowohl Microsoft als auch Sony haben mittlerweile Abo-Modelle für Spiele. Ist das nicht so langsam das Ende der Fahnenstange?
Die Gaming-Branche boomt: Ein Drittel der Weltbevölkerung spielt mittlerweile Videospiele entweder auf Mobiltelefonen, Konsolen oder PCs. Die Branche erlebt ein Wachstum, das struktureller Natur ist und damit anhaltend sein wird. Hier gehen wir von einer höheren Wachstumsrate in der zweiten Hälfte des Jahres aus. In diesem Sektor gibt es zahlreiche Fusionen und Übernahmen, wie Microsoft bei Activision Blizzard. Die M&A-Aktivitäten werden hier weitergehen, da die User in der Regel auf den Plattformen bleiben. Und wenn man an die Metaverse-Idee glaubt, dann werden Spiele einer der ersten Orte sein, die wir sehen werden.
Lassen Sie uns zum Abschluss nochmal in die Zukunft blicken. Nicht wenige Investoren setzen große Hoffnungen in das Metaverse als das nächste große Ding. Sind derlei Hoffnungen berechtigt oder verirrt sich Zuckerberg und so mancher Krypto-Investor gerade in Träumereien ohne ernsthaftes Fundament?
Es sind auf jeden Fall interessante Ansätze und Diskussionen, die am Markt passieren. Wir werden uns auch mit dem Thema Cloud-Gaming befassen oder Blockchain-Spiele. Aber Anleger sollten auf Erträge und Cashflows der Unternehmen achten. Diese beiden Aspekte gehören aus unserer Sicht einfach zusammen. Wir vergleichen dies mit dem zu erwartenden Wachstum und der Konkurrenz. Es gibt eine Vielzahl an Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Wir steigen nicht in ein Thema ein, nur weil es interessant ist.
Über DNB Fund Technology
Der DNB Technology ist ein Long-only-Aktienfonds, der in die Sektoren Telekommunikation, Medien und Technologien investiert.
Titelbild Bildnachweis: Wiphop Sathawirawong
Die Mehrheit der Bundesbürger kommt nach Einschätzung der Sparkassen wegen der hohen Inflation zunehmend an finanzielle Grenzen.
„Wir rechnen damit, dass wegen der deutlichen Preissteigerung perspektivisch bis zu 60 Prozent der deutschen Haushalte ihre gesamten verfügbaren Einkünfte – oder mehr – monatlich für die reine Lebenshaltung werden einsetzen müssen“, sagte DSGV-Präsident Helmut Schleweis der „Welt am Sonntag“.
Auch Volks- und Raiffeisenbanken beobachten einen geringeren Spielraum der Kunden. „Die hohe Inflation entzieht den Verbrauchern Kaufkraft, dadurch sinkt die Sparfähigkeit“, sagte der Vorstand des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Andreas Martin.
Bei den Sparkassen rechnet man insbesondere im Herbst und Winter mit einer deutlichen Verschärfung der Situation, gerade bei Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Die angespannte Lage zeigt sich laut Deutschem Sparkassen- und Giroverband (DSGV) bereits bei der Überziehung des Girokontos. Wer den sogenannten Dispositionskredit nutze, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken, der schöpfe den Rahmen im Durchschnitt inzwischen „deutlich weiter aus“.